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29

Nov

2014

Emanzipation von Frauen und Jugend: "vorsichtige Liberalisierung" & Radikalisierung der Weimarer Republik

"Der Schlüssel der Geschichte ist nicht in der Geschichte, er ist im Menschen.", T. Jouffroy
"Der Schlüssel der Geschichte ist nicht in der Geschichte, er ist im Menschen.", T. Jouffroy

 

Die Emanzipation der Frauen und Jugendlichen in der Weimarer Republik trug vor dem Hintergrund einer unausgewogenen demographischen Entwicklung unter den vorherrschen Widrigkeiten einerseits zu einer "vorsichtigen Liberalisierung" sowohl andererseits auch zu einer gewissen Radikalisierung bei.

 

Die demographische Zusammensetzung der Gesellschaft der Weimarer Republik wurde maßgeblich vom Ersten Weltkrieg geprägt. Die spürbaren Kriegsverluste zogen sich durch die damals für den Dienst an der Front rekrutierten Jahrgänge- die Bevölkerungspyramide wurde zu einem Bevölkerungspilz. Dies hatte auch zur Folge, dass viele Frauen wegen des „Männermangels“ gezwungenermaßen alleinstehend bleiben mussten und sich so dem Frauenbild der damaligen Zeit entsprechend nicht auf Versorgung durch den arbeitenden Mann verlassen konnten.

 

Für Frauen war diese Zeit eine voller Umbrüche. Die Erwerbsquote war zwar mit rund 1/3 relativ konstant, jedoch sank der Anteil von Hausangestellten und landwirtschaftlichen Mitarbeiterinnen stark, während jener von Beamtinnen, Industrieangestellten und Arbeiterinnen in sogar noch größerem Maße stiegen. Diese Konzentration von Frauen in für sie neuen Arbeitsmärkten und Berufen, führte dazu, dass sich typische Frauenberufe herausbildeten – etwa im Handel, im öffentlichen Dienst oder der Industrie.

 

Festzuhalten ist auch, dass Frauen – selbst wenn sie die gleiche Arbeit wie Männer verrichteten – deutlich schlechter bezahlt wurden, selbst wenn Tarifverträge galten. Während der Rationalisierungs-und Krisenjahren der Weimarer Republik führte dieses Missverhältnis dazu, dass die billigeren Arbeitskräfte, also die Frauen, weniger stark von Entlassungen betroffen waren. Dennoch war Arbeitslosigkeit für alleinstehende und sogleich auch alleinverdienende Frauen kein zu verharmlosendes Problem.

Ebenfalls stieg die Zahl von Studentinnen, die jedoch mit dem traditionellen und eingefahrenen System der jahrhundertelangen „Männerherrschaft“ an Hochschulen zu kämpfen hatten. Insgesamt jedoch blieb das Leitbild der Mutter und Ehefrau konstant, die nur zeitweilig zwischen Schulentlassung und Ehe arbeiten müsse, um ihre Existenz sichern zu können.

Also ein konträres Bild zum Wunsch vieler Frauen, die nach Emanzipation strebten und sich dafür einsetzten. Und das taten sie mit Erfolg, denn die „Welt des Konsums“ orientierte sich vermehrt auch an ihren Bedürfnissen, wenngleich Frauen aufgrund ihrer niedrigen Einkommen diese nur selten nutzen konnten. Einher ging diese Entwicklung auch mit jener der Rationalisierung des Alltags/des Haushalts, die jedoch in Folge der ebenfalls steigenden Ansprüche an Hygiene etc. sogar einen Mehraufwand bedeutete.

 

Im Zuge der Revolution nach dem Ersten Weltkrieg wurde Frauen auch das aktive und passive Wahlrecht zugestanden, was ihnen auch parlamentarische Betätigungsfelder ermöglichte. Die Sexualität bzw. die Sexualaufklärung erfuhr in dieser Zeit eine durch die Wissenschaft geprägte vorsichtige Liberalisierung (z.B. die Duldung von Homosexualität) und Enttabuisierung. Einerseits wurde über Geschlechtskrankheiten, Verhütung u.Ä. aufgeklärt, allerdings auch mitgeteilt was „normal, gesund und erlaubt“ sei – was eigentlich im Gegensatz zu einer Liberalisierung steht. Bei vielen Menschen fand auch vor dem Hintergrund des Geburtenrückgangs und dem befürchteten Volkstod, die Idee der biologischen Erbgutpflege Gefallen, um die Reproduktion von „Minderwertigen und Asozialen“ zu verhindern. Eine richtige Liberalisierung fand jedoch wegen der konservativen Regierungskoalition keine Mehrheit, bis diese Entwürfe durch die Machtergreifung der NSDAP sowieso obsolet war. Auch die Jugend hatte ihre Laster zu tragen. So waren sie mit einem auf der einen Seite mit einer Ausweitung des Bildungsangebotes dank einer Reformation und Vereinheitlichung der Instutitionen konfrontiert. Auch die sozialpolitische Gesetzgebung der Weimarer Republik, die den Achtstundentag, Wochenende und Urlaub regelte, trug zur Emanzipation der Jugend von den alten (bürgerlichen) Normen (auch Autoritätsverlust) bei, sodass sie neuartige Freizeitangebote nutzten und sich so schneller als Erwachsene in der urbanen Gesellschaft zurecht fanden.

Auf der anderen Seite stand dem jedoch die wirtschaftliche Misere und eine hohe Arbeitslosigkeit vor allem eben unter den Jugendlichen entgegen. Dies führte in der Folge dazu, dass sich viele Jugendliche in teils zwielichtigen Vereinen und Organisationen betätigten. Besonders heikel war es, dass durch die Frustration des Alltags viele junge Menschen, auch begünstigt dadurch, dass Sozialleistungen für Jugendliche aufgrund der klammen Kassen der Republik gesenkt wurden, affin für eine Radikalisierung und so zu Systemkritikern/Revolutionären wurden, die das „Versailler Diktat“ u.Ä. stürzen wollten und der Republik, die ihre Jugend nicht versorgen und unterbringen könne, den Kampf ansagten – aus dieser Bewegung schöpften auch KPD (vornehmlich aus der Arbeiterjugend) und die NSDAP, die mit offen nationalistischen Parolen auf Gehör stieß, Kraft.

 

Es lässt sich festhalten, dass die Jugend einerseits eine größere Chance auf Emanzipation, auf der anderen aufgrund ihrer Perspektivlosigkeit bei totalitären Bewegungen eine sinnvolle Beschäftigung/Schutz suchten.

 

Die Emanzipation von Jugendlichen und Frauen war geprägt von vielen Widrigkeiten und Problemen. Neben die gewonnenen Freiheiten traten auch neue Lasten und Pflichten.

 

Diese Analyse/Zusammenfassung geht zurück auf Detlev Peukerts Text: Die Weimarer Republik - Krisenjahre der Klassischen Moderne


geschrieben von: Tim Zborschil 


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