Ist das Schicksal der SPD besiegelt? Ein Delegierter berichtet.

 

In den vergangenen Tagen regierte die SPD nicht nur in der Politik, sondern auch die Medien.

Der Bundesparteitag der SPD hat eine Schlagzeile nach der anderen produziert. Ich war als Delegierter in Berlin anwesend und würde gerne aus der Sicht eines Delegierten berichten.

Nur 74,3 % für Sigmar Gabriel

Diese Überschrift wird es wohl sein, die in den letzten Tagen jeder genutzt hat, um für Unruhe zu sorgen. Es stimmt, Sigmar hat ein bescheidenes Ergebnis bekommen. Er hat zwar eine wunderbare Rede gehalten, die niemand von ihm erwartet hätte. Dies war freilich die Rede, die eines Sozialdemokraten würdig gewesen wäre, aber es bleibt am Ende nur eine Rede. Zu groß ist das Misstrauen und zu klein die Hoffnung, dass Sigmar seinen Kurs wechseln würde. Die Vorratsdatenspeicherung, der Bundeswehreinsatz in Syrien und die Freihandelsabkommen TTIP & CETA haben für Unruhe in der SPD-Basis gesorgt. Vermutlich hätte Sigmar ein noch viel schlimmeres Ergebnis bekommen, wenn nicht einige Genoss_Innen aus Solidarität für ihn gestimmt hätten, um Einigkeit innerhalb der SPD zu symbolisieren – und das ist im Moment das wichtigste für die SPD.

 

Unbenannt

Nächste Woche wird die CDU ihren Parteitag haben und diese werden umso mehr auf Einigkeit setzten, um nach außen das Bild der geschlossenen Partei darzustellen. Dies wird die CDU stärken und könnte zu einem Grund werden, ihren Streit ruhen zu lassen.

Es ist nicht die CDU, die in dieser Regierung auf soziale Politik setzt und in Zeiten neuer Konflikte stabilisiert. Es ist aber auch nicht die SPD, die für soziale Gerechtigkeit und Frieden inner- und außerhalb Deutschlands sorgt. Andrea Nahles sitzt nicht zu Hause vor ihrem Kamin und reibt sich lachend die Hände, während sie darüber nachdenkt, dass Langzeitarbeitslose und Praktikanten den Mindestlohn nicht bekommen; genau sowenig wird Manuela Schwesig zu Weihnachten ihrer Familie dankbar dafür sein, dass die Ehe-für-alle nicht gekommen ist.

Sie alle würden lieber sozialdemokratische Politik betreiben, aber die SPD ist nur Juniorpartner in der GroKo.

 

Die Union muss fallen – Rot-Rot-Grün 2017

In unserer Regierung sitzen Konservative und Freunde der Wirtschaft, die sehr wohl froh darüber sind, dass andere Formen der Ehe ihr Familienbild nicht zerstören und der Mindestlohn nicht für alle gilt. Die sind es, die für soziale Ungleichheit und Diskriminierung hetzten. Wenn die CDU nicht in der Regierung wäre, sondern eine Rot-Rot-Grüne, dann wäre eine Debatte über Obergrenzen, Ausnahmen beim Mindestlohn, Diskriminierung Homosexueller und den anderen Unionsthemen gar nicht erst aufgekommen, aber durch die Macht der CDU/CSU in dieser Regierung ist es dazu gekommen. Die SPD muss den Kanzler stellen, um erneut sozialdemokratische Politik betreiben zu können und die Union muss aus dieser Regierung raus. Wer ein soziales Deutschland will, der kennt nur eine Lösung: Rot-Rot-Grün.

Warum Rot-Rot-Grün scheitern könnte

Die Rot-Rot-Grüne Landesregierung in Thüringen besteht nun seit einem Jahr und wir sehen, dass es funktioniert. Dieser Schritt hat stark dazu beigetragen, dass es auch 2017 realisierbar sein wird, aber es gibt Fragen, die beantwortet werden müssten. Ich habe auf dem Bundesparteitag mit vielen Mitgliedern des Bundestages und anderen Genoss_Innen gesprochen und die Mehrheit kann sich eine Koalition mit den Grünen und Linken vorstellen, aber die drei müssten sich endlich versammeln, um ihre Unterschiede zu diskutieren. Die Linke fordert zum Beispiel den Austritt aus der NATO, aber mit der SPD würde es nie dazu kommen. Es spricht von Charakter, dass sie bei ihren Idealen bleibt, aber wenn sie in Regierungsverantwortung will, dann muss sie sich davon trennen und Kompromisse eingehen – aber auch SPD und Grüne werden Kompromisse eingehen müssen.

Zum Abschluss des Parteitages resümierte der große Sozialdemokrat Erhard Eppler:“Wer führen will, der kann nicht immer die eigenen Interessen in den Vordergrund stellen. Wer führen will, der muss an die Allgemeinheit denken“.

Auf das Wahljahr 2017.

One Comment

  1. Daniele 13. Dezember 2015 Reply

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