(c) Linksfraktion
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KURZINFO ZU DOROTHEE MENZNER:

 

1998-2006 Landesvorsitzende PDS Niedersachsen;

 

2005-2013 Mitglied des Bundestages, u.a. verkehrspolitische Sprecherin (bis '09), energiepolitische Sprecherin (bis '13) und stellvertretende Geschäftsführerin der Bundestagsfraktion

 

Publizistin und Filmproduzentin, 2012 Film "Hibakusha - Reise auf die Insel des Glücks"

 

mehr auf: www.dorothee-menzner.de

 

 

 

 

Frau Menzner, zunächst einmal möchten wir uns dafür bedanken, dass Sie sich die Zeit nehmen, um für Link-s.Gelenkt ein paar Fragen zu beantworten.

 

 

Uns als primär für Jugendliche entstandenes Portal würde interessieren wie Sie dazu gekommen sind, sich politisch zu engagieren. Was war Ihre Motivation?

 

Dorothee Menzner: Was in der Welt so vor sich geht, habe ich schon früh verfolgt. Nachrichten gucken gehörte als ich Kind war einfach in unserer Familie dazu. Gleichzeitig gab es in meinem Umfeld Dinge die mir Angst machten und deshalb hinterfragte. Sie hatten so offensichtlich mit Politik zu tun, dass ich das als Kind schon kapierte. 

Das waren zum einen die Transporte von Raketen und anderem militärischen Gerät, die sprichwörtlich vor unserer Haustür stattfanden, denn in der unmittelbaren Nachbarschaft befanden sich mehrere Einrichtungen der Amerikanischen Truppen.

Und zum anderen war es in Sichtweite der Bau und dann die Inbetriebnahme des AKW Biblis.

Also habe ich diese Dinge versucht zu verstehen und hinterfragt, mir Informationen beschafft, mit Freundinnen und Freunden schon in der Grundschule diskutiert und mir eine erste Meinung gebildet. Bedeutsam war dabei aber sicher auch, dass in dieser Zeit der neuen Ostpolitik, des Willy Wahlkampfes etc.  Politik in der gesamten Gesellschaft einen höheren Stellenwert hatte und viel präsenter war als heute.

 

Sie kommen ja bekanntlich aus dem Westen der Republik, wo dem Sozialismus erfahrungsgemäß etwas kritisch begegnet wird. Hatten Sie aufgrund Ihrer Einstellung und Ihrer Ansichten Probleme?

 

Dorothee Menzner: Solange ich nur außerparlamentarisch aktiv war und in keiner Partei, gab es zwar immer wieder Debatten und auch Ärger etwa mit meinen Eltern, denn sie waren z.B. wie die meisten ihrer Generation für Atomkraft, aber wirkliche Probleme gab es nicht. Das änderte sich, als ich 1994 in die PDS eintrat. Meiner Familie war das peinlich, manche im Umfeld brachen den Kontakt ab, es gab an Infoständen viele Beschimpfungen und sogar tätliche Angriffe und Jahre später, als ich schon Abgeordnete war erzählten mir Menschen bei denen ich mich mal für einen Job beworben hatte, dass ich ihn aufgrund der Tatsache dass ich Landesvorsitzende der PDS war, ihn nicht bekommen hätte.

Naja, und dann werde ich seit vielen Jahren, auch in der Zeit als Abgeordnete, vom niedersächsischen Verfassungsschutz beobachtet. Dagegen klage ich seit rund 7 Jahren, allerdings bisher ziemlich erfolglos.

 

Sie waren von 2005 bis 2013 als Bundestagsabgeordnete für die Linksfraktion tätig. Was war das Schönste und Schlimmste an diesem Beruf?

 

Dorothee Menzner: Schön ist, dass man die Zeit hat, sich intensiv mit einem Thema zu befassen, dass man an Informationen kommen kann, die man als Bürger nicht so einfach bekommt, etwa mittels Fragen an die Bundesregierung und somit Dienstleister für außerparlamentarische Initiativen ist. Informationsbeschaffung ist deutlich leichter als für „normale“ Bürger.  Und man begegnet auch immer wieder interessanten Menschen, die man ohne Mandat eher nicht kennen lernen würde. Das sind Dinge, die ich sehr genossen habe. Genervt hat mich aber schon das, was ich „Jahrmarkt der Eitelkeiten“ nenne. Der Hang vieler mit denen man so zu tun hat, sich zu wichtig zu nehmen ist schon sehr ausgeprägt. Da war ich dann immer froh, wenn ich das Raumschiff Berlin verlassen konnte und in Wahlkreiswochen wieder mit ganz normalen Menschen zu tun hatte.

 

Ist es schwer nach 8 Jahren im Dschungel des Bundestages, sich im richtigen Leben wieder zurechtzufinden – ohne Medienrummel und Security?

 

Dorothee Menzner: Also Security hatte ich als normale Abgeordnete zum Glück nie und auch der Medienrummel hielt sich glücklicherweise immer sehr in Grenzen…. Und nein, es ist nicht schwer oder zumindest mir fällt es nicht schwer, habe ich doch in all den Jahren als alleinerziehende Mutter, außerparlamentarisch nach wie vor aktiv, als Mensch versucht die Bodenhaftung zu behalten. Jetzt nach Ende des Mandates stellt sich raus, dass mir das ganz gut gelungen zu sein scheint

 

Entstehen unter Berufspolitikern auch Freundschaften oder ist es nur ein oberflächliches Miteinandergehen von Wahl zu Wahl? Wie sieht es über Fraktionsgrenzen hinweg aus – im Plenarsaal wird sich oft hart angegangen. Waren Sie schonmal mit einem/r CSU'ler/in ein „Bierchen“ trinken?

 

Dorothee Menzner: Es war nie mein Ansatz in der Politik Freunde zu finden und dennoch haben sich im Laufe von 20 Jahren einige auch intensivere Freundschaften aus politischen Kontakten entwickelt. Parlamentarischen und außerparlamentarischen. Aber Freundschaften sind was eher Seltenes. Meist sind es doch eher mehr oder minder gute Bekanntschaften. Und ja, man geht auch mal mit Abgeordneten anderer Fraktionen „ein Bierchen“ trinken, wenngleich ich das eher seltener getan habe. Aber ich habe in allen Fraktionen Menschen kennen gelernt, die spannend, gradlinig und interessant sind und mit denen man interessante Themen findet und ein Austausch ein Gewinn ist- auch jenseits politischer Themen.

 

Waren Sie vor Ihrer ersten Rede im Plenarsaal aufgeregt? Wie ist es vor [bestenfalls] über 600 Menschen zu stehen, von denen 85% gegen Ihre vorgetragene Position sind.

 

Dorothee Menzner: Ich glaube jeder ist vor seiner ersten Rede im Bundestag aufgeregt, zumal die Debatten ja auch  tausende vor dem Fernseher verfolgen und die Besuchertribünen meist auch voll sind. Aber zumindest bei mir hat sich da doch erstaunlich schnell eine gewisse Routine eingestellt. Kein Wunder, gehörte ich mit meinen Themen doch immer auch zu denen aus der Fraktion die eher oft reden mussten oder durften und das Reden hat mit insgesamt Spass gemacht. Am meisten dann, wenn ich für die LINKE ein Alleinstellungsmerkmal vertreten konnte und die anderen Fraktionen tobten.

 

Kommen wir zu ein paar inhaltlichen Punkten. Sie waren bis 2009 verkehrspolitische Sprecherin der Linksfraktion, daher: Glauben Sie, dass Seehofers Prestige-Projekt, die PKW-Maut, wirklich kommt?

 

Dorothee Menzner: Ich tippe eher auf NEIN. Aber wenn dann kommt ne allgemeine PKW Maut für alle, denn anders geht das rechtlich nicht. Und wenn man die inländischen Autofahrer entsprechend bei der Steuer entlastet, bringt sie kaum Geld. Viel Aufwand für fast kein Effekt- diese Erkenntnis wird sich hoffentlich durchsetzen.

 

Abgeordnete der Linken werden seit Jahren durch den Verfassungsschutz beobachtet. Mussten Sie schmunzeln, als sie hörten, dass die NSA gleiches mit der deutschen Bundesregierung macht und sie sozusagen mit den eigenen Waffen schlägt?

 

Dorothee Menzner: Ja, wobei ich davon ausgehe, dass auch LINKE von der NSA und anderen überwacht werden.

Es ist ein großer Verdienst, dass das was neben mir schon viele vermutet haben, nun durch Edward Snowden öffentlich wurde.

 

Und zum Schluss: Vervollständigen Sie bitte folgenden Satz: „Wenn ich Bundeskanzlerin wäre, würde ich [...]“

 

Dorothee Menzner: darum kämpfen, dass Bürgerentscheide eingeführt werden.

 

 

Wir bedanken uns ganz herzlich für die Beantwortung unserer Fragen!

 

_______________________
Die Fragen stellte: Tim Zborschil

Veröffentlicht am 06.02.2014

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